Corona Holzbuchstaben

Verlauf und Risikobewertung

Auch im Verlauf der Covid-19-Erkrankung bietet sich ein äußerst variables Bild. Asymptomatische oder sehr milde Verläufe sind häufig (die meisten Quellen sprechen von etwa 80%), aber auch viele junge, gesunde Patient:innen berichten ausgeprägtes Krankheitsgefühl mit intensiven Symptomen und langwierigen Genesungsprozessen (siehe Spätfolgen). Genetische Determinanten für schwere Verläufe werden ebenfalls diskutiert - eine Arbeitsgruppe der MUW rund um Elisabeth Puchhammer-Stöckl und Hannes Vietzen fand in ihrer Studie "Deletion of the NKG2C receptor encoding KLRC2 gene and HLA-E variants are risk factors for severe COVID-19" deutliche Hinweise darauf, dass Menschen mit einer genetischen Variante des KLRC-2-Gens ein höheres Risiko eines schweren Krankheitsverlaufes haben. Als Ursache diskutieren die Autor:innen eine Deletion oder Allel-Variation im Bereich der Rezeptoren der natürlichen Killerzellen (NKG2C/HLA-E-Achse), aufgrund derer die antivirale Immunantwort zu Beginn der Erkrankung schlechter ist. 

Fatale Verläufe sind bei betagten Patient:innen (<80a) mit zumindest 2 Komorbiditäten bei weitem am häufigsten.

Übergewicht (BMI> 30 kg/m²) geht nachweislich mit einem höheren Risiko zu erkranken einher, aber auch mit einem höheren Risiko für einen schweren Verlauf sowie Hospitalisierung - auch bei jüngeren Personen sind die Komplikationsraten bei starkem Übergewicht (und damit in Verbindung stehenden chron. Erkrankungen wie Hypertonie oder DM2) deutlich höher. 

Sowohl in der angegebenen Literatur als auch in österreichischen Erfahrungsberichten zeigt sich, dass etwa 50% der komplizierten Verläufe Patient:innen unter 65 Jahren betreffen, etwa 25% haben keine Vorerkrankungen.

Eine Verschlechterung kann zwischen dem 5. und dem 12. Krankheitstag auftreten. Nach etlichen Tagen, die von geringen, leichten Symptomen gekennzeichnet sind, kommt es zu einer sehr plötzlichen, raschen Verschlechterung. Hier ist bei Risikogruppen Wachsamkeit (Monitoring) und rasches Reagieren bei den ersten Anzeichen geboten - gegebenenfalls über eine Hospitalisierung nachdenken. Typischerweise sind intubationspflichtige Patient:innen über ungewöhnlich lange Zeiträume beatmungspflichtig.

Die Covid-19 Erkrankung kann mit einer Koagulopathie (und einer Mikroangiopathie) einhergehen. Das Risiko für thromboembolische Komplikationen ist deutlich höher als bei herkömmlichen Infektionskrankheiten (Angaben in der verfügbaren Literatur: bis zu 25%).

Anmerkung: Höheres Alter, Übergewicht und das Vorhandensein von Komorbiditäten sowie männliches Geschlecht senken die Hospitalisierungsschwelle


Prognose 
 

Auch bei milden und moderaten Verläufen sind Spätfolgen und eine länger andauernde Erkrankung möglich. Das Management bei Hospitalisierung hat sich in den letzten Monaten deutlich verbessert, dennoch sind “Long-Covid-19” Erkrankungen, relevante Spätfolgen und eine erhöhte Mortalität mitunter Folgen der Erkrankung. - siehe S1-Leitlinie Long COVID  

Die Mortalität wird in verschiedenen Quellen unterschiedlich angegeben, da sie auch von diversen Umgebungsfaktoren abhängig ist (Zugang zum Gesundheitssystem, Zustand des Gesundheitssystems, sozioökonomische Faktoren, Vorerkrankungen und Risikofaktoren etc.), mittlerweile wird aber von einer Mortalität bis zu 10% bei Covid-19 positiven, hospitalisierten Personen ausgegangen, die Mortalität von Covid-19 erkrankten auf Intensivstation beträgt bis > 30% - trotz verbesserten Wissen und neuen Therapiemöglichkeiten der Erkrankung (siehe beispielhaft: Carbonell et al Nov.2021, Guillon et al, Nov.2021

Risikofaktoren für schwere Erkrankung und tödlichen Verlauf:

  • Alter (v.a. in Verbindung mit Komorbiditäten. Alter allein scheint nur ein moderater Risikofaktor zu sein)
  • Chronische Lungenkrankheiten
  • Herzkrankheiten
  • Diabetes
  • Ausgeprägte Adipositas
  • Fortgeschrittene Nierenerkrankung
  • Immunkompromittierung 

Zur Behandlung und Monitoring von Patienten mit milden bis moderaten Verläufen (Hausärztliche Betreuung)
 

Zusammenfassung:

  • Gefährdet für einen komplizierten, lebensbedrohlichen Verlauf sind in erster Linie Patient:innen mit Hypertonie, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, COPD/Asthma, ausgeprägter Adipositas. Die Mortalitätsrate steigt mit dem Alter und der Zahl der Komorbiditäten. 
  • Die Rolle einer medikamentösen Immunsuppression hinsichtlich des Erkrankungsrisikos ist nicht geklärt. Es gibt Hinweise, dass sie das Erkrankungsrisiko zwar erhöhen, aber bei schweren Verläufen eher schützend sein könnten.
  • Komplizierte Verläufe bis zu Intensivpflichtigkeit und Sauerstoffbedarf treten in bis zur Hälfte der Fälle auch bei jüngeren Patient:innen auf, ein Viertel davon hat keine Vorerkrankungen
  • ​Über Spät- und Dauerfolgen ist noch wenig bekannt, Lungenfibrosen und kardiale Folgeerkrankungen kommen vor. Zum Management persistierender Atembeschwerden bei extramuralen Patient:innen s. Behandlung 

COVID-19 und Thrombosen: Was tun in der hausärztlichen Versorgung?

Weitere Details zur Risikobewertung s. unten

Metadaten
Autor: Susanne Rabady
Review: Maria Wendler, Markus Brose
letztes Update: 21.04.2023

 

 

Quellen:

Covid 19 Dynamed plus, aufgerufen 04.10.20

Coronavirus EbM-Guidelines, aufgerufen 04.10.20
 

Literaturverzeichnis und weitere Informationen

Ein besonderes Augenmerk ist auf Patient:innen ohne Impfung/ohne vollständige Grundimmunisierung (mindestens 3 Impfungen) zu richten und gegebenenfalls großzügig mit einer antiviralen Therapie zu beginnen.

Es sind folgende Erkrankungen als erhöhtes Ausgangsrisiko für eine erhöhte Mortalität beschrieben:

  1. Hypertonie
  2. Diabetes mellitus
  3. Kardiovaskuläre Erkrankungen
  4. COPD
  5. Immunsuppression (Ausmaß unklar)
  6. Niereninsuffizienz (fortgeschritten)
  7. Lebererkrankung (fortgeschritten)
  8. Alter alleine (ohne Vorerkrankungen): wahrscheinlich moderater Risikofaktor
  9. Adipositas (BMI>30) ein relevanter Prädiktor für Komplikationen
    Störungen der Blutgerinnung, stattgehabte thromboembolische Ereignisse 

COVID-19 und Thrombosen: Was tun in der hausärztlichen Versorgung?

Diese Situationen begründen ein besonders engmaschiges, aufmerksames Monitoring, und eine besonders sorgsame Betreuung und Behandlung der Grundkrankheiten.

spezielle Risikogruppen:

NIH - Special Considerations in People With Human Immunodeficiency Virus 

Österreichische Multiple Sklerose Gesellschaft

Metadaten
Autorin: Susanne Rabady
Review: Maria Wendler, Markus Brose
letzte Änderung: 21.04.2023
letzte inhaltliche Kontrolle: 21.04.2023